Er hat einen Freund!

© By Fridolin Wirbelwind

Der Junge hat einen schlimmen Tag hinter sich. Mit seinen neun Jahren ist ihm schon viel Schlimmes passiert. Als er vier war, starb sein Papa bei einem Unfall auf der Arbeit. Seitdem muss seine Mama noch mehr arbeiten, damit genug Geld da ist. Oh, seine Mama ist eine tolle Frau, sie geht seit einigen Monaten nur bei Nacht arbeiten, und am Vormittag, damit sie Zeit für den kleinen Menschen hat.

Aber in der Schule wird er gehänselt, dass er ja keinen Papa hat. Die Worte tun oft sehr weh! Er ist ein guter Schüler, aber das hilft ihm bei seinen Klassenkameraden nicht wirklich weiter.

Als Kind ohne Vater ist er oft das Opfer von Häme und Spott. Gerne hätte er einen Freund, oder auch zwei, aber da er nicht so sportlich ist, und seiner Mama im Haushalt hilft, wird er oft als Weichei bezeichnet.

Da ist tut es ihm sehr oft gut, wenn er mit dem Hund des alten Herren aus dem achten Stock Gassi gehen kann. Der Herr war früher Lehrer für Geschichte und Geografie; sein Hund ist eine Mischung aus Schäferhund und Dogge. Seit der Mann nicht mehr aus dem Haus gehen kann, führt der Junge den Hund täglich dreimal aus. Auch der Hund ist mit 10 Jahren nicht mehr der jüngste seiner Art. Doch wenn der Junge mit dem Hund unterwegs ist, dann haben die zwei richtig viel Spaß. Sie tollen und spielen, und wenn der Junge von größeren Kindern angemacht wird, taucht der Hund einfach auf, das reicht immer, damit die anderen den Mund halten. Der alte Herr liebt es zu kochen, und da er nicht mehr alles so gut handeln kann, lehrt er den Jungen, wie man kocht. Aber was der Junge am meisten liebt, das sind die tollen Geschichten, welche der Mann ihm erzählt.

Es gibt Tage, da glaubt der Junge, dass er die Geschichten selber erleben würde.

Es war wieder so ein Tag, da holte ihn die Mama bei dem Herrn ab, als ihm der alte Mann eine Münze in die Hand drückte.

Lege diese Münze unter dein Kopfkissen,“ sagte er, „und Du wirst in Welten reisen können, welche fast kein Mensch jemals sehen wird.“

Zuhause machte er wie ihm der Mann gesagt hatte, legte sich hin und fiel in einen guten Schlaf.

Er hatte etwa eine Stunde geschlafen, als er meinte ein Klopfen zu hören. Noch wusste er nicht, ob träumte oder wach war. Wieder ein Klopfen. Nur woher kam es? Er stand auf und öffnete die Türe, nein, seine Mama war es nicht. Dann ging er an das Fenster, auch da war nichts zu erkennen. Also legte er sich wieder hin. Kaum hatte er seine Augen geschlossen, da klopfte es wieder. Poch, poch. Und noch einmal: Poch, poch. Er versuchte mit geschlossenen Augen heraus zu finden aus welcher Richtung dieses Klopfen kam. Poch, poch. Nun war er sich sicher, dass es aus dem Schrank kam. Er stand auf, zog sich seine Hausschuhe an und ging zum Kleiderschrank. Sein Herz schlug so stark, dass er meinte, seine Mama müsste es doch hören können.

Seinen ganzen Mut musste er aufwenden um die Schranktüre öffnen zu können. Zuerst geschah gar nichts. Dann hörte er ein leises Piepsen. Hatte er vielleicht ein Spielzeug vergessen, das nun nach einer neuen Batterie rief?

Als er nichts weiter fand, wollte er schon die Schranktüren wieder schliessen, als er auf einmal einen Geruch wahrnahm. Es roch wie … ja wie denn eigentlich? Fast wie eine Mischung aus Mamas Käsekuchen und frisch geschnittenem Gras. Angenehm und irgendwie gut.

An Schlaf war nun nicht mehr zu denken, er wollte wissen was in seinem Schrank so gut roch.

Also zuerst alles aus dem obersten Fach rausgeräumt, nichts zu finden. Dann die Jacken von der Stange nehmen, auch nichts da. Danach räumte er den Platz frei, wo seine Schuhe standen. Da … in der hintersten Ecke sah er etwas leuchten. Aber es war kein Auto oder eine Taschenlampe, es sah aus, wie ein Stofftier! Doch seine Stofftiere saßen doch alle auf dem Stuhl neben seinem Bett. Was also konnte das denn sein? Was also konnte es denn sein?

Mit seiner kindlichen Neugier, nahm er das ETWAS aus dem Schrank, setzte es auf seine Hand und betrachtete es.

Es war ein pelziges Ding, das da auf seiner Handfläche saß und ihn ansah.

Ich bin Animo. Du brauchst mich, und darum bin ich nun hier.“

Wa … warum bist du hier in meinem Schrank?“

Weil du mich brauchst wurde ich geschickt. Ich soll dir helfen. Nur du kannst mich sehen, sonst niemand auf der Welt.“

Aber ich habe dich doch gar nicht gerufen. Und woher kommst du eigentlich?“

Mich muss man nicht rufen, wir und meine Freunde kommen immer, wenn ein Kind einen von uns braucht.“

Der Junge lies das Wesen fallen, ging zurück ins Bett und war ziemlich verwirrt. Er zog sich die Bettdecke über seinen Kopf und versuchte wieder in seine Träume zurück zu finden.

Doch fand er keine Ruhe. So lugte er unter seiner Decke hervor und sah – zuerst nichts. Als er dann den Mut gefunden hatte, sich noch einmal im Schrank um zu sehen, stand vor dem Schrank wieder dieses Wesen. Etwa halb so groß wie er selber. Mit kleinen, leuchtenden Augen und zwinkerte ihm zu.

Keine Angst, ich bin nicht hier um dich zu ängstigen, nur um dir zu helfen.“

Woher kommst du, und was willst du von mir?“

Ich komme aus dem Land das zwischen den Träumen und der Fantasie der Kinder liegt. Immer wenn ein Kind Hilfe braucht, dann taucht einer von uns auf.“

Der Junge wurde nun etwas ruhiger und sagte sich selber, dass er wohl nur träumen würde.

Nein, du träumst mich nicht, ich bin so real, wie alles in deinem Leben.“

Das kleine, pelzige Wesen versprach ihm dann, immer für ihn da zu sein, wenn er Probleme haben würde. Es machte Puff, und das Wesen war weg.

Niemals vorher hatte der Junge besser geschlafen. Er lachte schon beim Frühstück, stieg in den Schulbus, und wartete auf die dummen Sprüche der Angeber. Die liesen auch nicht lange auf sich warten. Da erschien in seinem Kopf die Stimme des Wesens: „Ich werde da sein, wenn du mich brauchst.“ Also ging er zu dem Kerl hin, der immer den Mund am weitesten aufgerissen hatte, lachte ihm ins Gesicht und meinte einfach: „Was und mehr kannst nicht?“ Drehte sich um und ging.

Sicher löste das nicht alle seine Probleme, und mit seiner Art geriet er auch noch in viele andere Streitigkeiten, doch wusste er, dass er einen Freund hatte, welcher ihm zur Seite stand.

Ihr denkt die Geschichte ist ein Märchen, wer weiß das schon.

Werbung

Kommentare werden erst geprüft und nur mit gültiger E-Mail freigeschaltet

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..